Im Jahr 1902 wurde der neue Friedhof in Bad Nauheim eröffnet.
Der alte Friedhof an der Wilhelmskirche wurde aufgelassen und die noch vorhandenen Grabsteine wurden abgeräumt.
Aus der Zeit vor dem 20. Jahrhundert (vor 1902) sind nur noch wenige christliche Grabsteine in Bad Nauheim erhalten:
Es sind die 6 Grabsteine in und an der Wilhelmskirche, die 2 Grabsteine in der Reinhardskirche
und die 2 Grabsteine in der Dankeskirche. Hinzu kommen die 8 Grabtafeln an der Südmauer des Alten Friedhofs, die in ihrer ursprünglichen Form erhalten blieben.
Alte jüdische Grabmäler finden sich noch auf dem ältesten jüdischen Friedhof am Lichtenberg (Flurstück am Johannisberg), dem Alten Jüdischen Friedhof in Bad Nauheim und auf dem jüdischn Friedhof in Steinfurth.
Pfarrer Nikolaus Lotichius (1558-1617)
Maria Freyaltenhofen
(1592-1676)
Caroline Koch
(1745-1778)
Johann Philipp Mörler
(1712-1715)
Johann Henrich Jenner (1662-1724)
unbekannte Person
Johann Georg Koch
(1675-1759)
Friedrich Waitz von Eschen
(1708-1781)
Georg Melchior Langsdorff (1713-1767)
Pfarrer Conrad Künßler
(1681-1735)
> Die beide Grabplatten im Inneren der Wilhelmskirche
> Die vier Grabsteine an der Außenwand der Wilhelmskirche
Die beiden Grabplatten im Inneren der Wilhelmskirche in Bad Nauheim
Bei den beiden Grabmälern im Inneren der Wilhelmskirche handelt es sich um Grabplatten, die ehemals auf dem Boden lagen und das Grab bedeckten. Charakteristisch für Grabplatten sind u.a. die körpergroßen Abmessungen, die hochrechteckige Form und oftmals am Rand "umlaufende" Inschriften, die beim Umschreiten der liegenden Platte bequem gelesen werden konnten.
Grabplatte von Pfarrer Nikolaus Lotichius (links) und von Frau Freyaltenhoven geb. von Salm (rechts)
Lateinischer Text auf der Grabplatte:
D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRVM)
[REVER]ENDO VIRO. PIETATE DOCTRINA
[……]RITATE. MODESTIA. VITAE. MORVM
[…..] HONESTATE PRAESTANTISS(I)mo
D(OMINO) NICOLAO LOTICHIO. SOLITARIENSI
CHRISTIAN(I) LOTICHII. FILIO: P(ETRI) LOTICHY
SECVNDI E FR(ATRE) NEPOTI: P(ETRI) LOTICHY
[AB]BAT(IS) SOLITAR(IENSIS) E FR(ATRE) PRONEPOTI
VERBI DIVINI HVIVS QVE AEDIS PER
INTEGROS. XXX. ANNOS. ET AMPLIVS
PRAECONI FIDELISS. VIGILANTISS(I)moq(ue)
NATO SOLITARIIS. M. D. LIIX. XI. IVNY
DENATO. M. D. C. XVII. III. MARTY
AETATIS. LIX: NOMINE RELICT(AE) VXO[RIS]
VIDVAE. ET FILIAR(VM) MOESTISS(IMARVM) DEBIT(VM?)
ERGA PARENTEM. DVLCISS(IMI?) AFFECTVS
[…….]GITVR. POS(VIT) FIL(IVS) V[NICVS?]
[………]eo pietas fuerat tua […]g[…]
[…go] Care parens quae te iungit
[………] Deo iste sed Xiguus tua
Contegat ossae lapillus testis et officy.
[………] atq(ue) mei non meritis ego tento
tuis [par?] reddere Reddat te mihi meq(ue)
tibi qui regit astra Deus angelicis
[..a..e….] coetibus addita man[et?]
[..e…….] coelis estq(ue) perenn[is?]
i(ohannes) p(etrus) lotichius D(octor) Med[icinae]
Acad(emiae) Rintel(ensis) p(rofessor) p(ublicus)
Übersetzung
Dem besten, größten Gott geweiht.
Dem ehrwürdigen Mann, der durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit, […], maßvolle Lebensführung, Reinheit der Sitten und Ehrbarkeit herausragte, Herrn Nikolaus Lotichius aus Schlüchtern, Sohn des Christian Lotichius, von brüderlicher Seite Neffe des Petrus Lotichius Secundus, von brüderlicher Seite Großneffe des Abtes Petrus Lotichius von Schlüchtern und über dreißig volle Jahre und länger getreuester und wachsamster Verkünder des göttlichen Wortes in dieser Kirche, geboren in Schlüchtern am 11. Juni 1558, gestorben am 3. März 1617 im Alter von 59 Jahren, hat im Namen der verwitwet hinterbliebenen Gemahlin und der tiefbetrübten Töchter als schuldigen [Beweis] zartester Zuneigung der [einzige?] Sohn [dieses Grabmal] gesetzt.
Paraphrase des leider nur unvollständig lesbaren Trauergedichts:
Deine Frömmigkeit war es, teurer Vater, die Dich mit Gott verbindet. Dieser – wenn auch bescheidene – Stein möge Deine Gebeine bedecken und zugleich [die Erfüllung] meiner [Sohnes-]Pflicht bezeugen. Ich will gar nicht versuchen, Deinen Verdiensten gerecht zu werden. Möge Gott, der die Gestirne regiert, Dich mir und mich Dir wiedergeben! Wenn Deine Seele den Engelsscharen beigesellt ist, soll sie ewig im Himmel bleiben.
Johannes Petrus Lotichius, Doktor der Medizin,
öffentlicher Professor an der Universität Rinteln.
Abschrift und Übersetzung von Prof. Dr. Michael Oberweis, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, Juli 2020
Umlaufende Inschrift am Rand, oben zweizeilig:
(oben:) DIE EDLE VIEL TVGENT REICHE FRAV
(rechts:) MARIA VON SALMS DES WOHL EDLEN VEST VND RECHT GELEHRTEN
(unten:) HERRN HERRN ARNOLDI FREY
(links:) ALTENHOFENS CHVR BRANDENBVRGISCHEN AMBTMANS VBER
(oben, 2. Zeile:) DIE MARCK NACH GELASSENE WITTIB
Fortsetzung im mittleren Feld der Platte:
STARB SEELIG D(EN) XXX IVNY
ANNO M D C LXXVI
LEICH TEXT LVC(AS) II V(ERS) XXX
VND ES WAR EINE PROPHETIN
HANNA EINE TOCHTER PHANVEL
VOM GESCHLECHT ASER DIE
WAR WOHL BETAGT VND HATTE
GELEBT SIEBEN IAHR MIT IHREM
MANN NACH IHRER IVNGFRAVSCHAFT
VND WAR NVN EIN WITTWE BEY
VIER VND ACHZIG IAREN DIE
KAM NIMMER VOM TEMPEL VND
DIENET GOTT MIT FASTEN
VND BETTEN TAG VND NACHT
SYMB(OLVM) ECCL(ESIASTICA) [=Prediger Salomo] VII V(ERS) III
DER TAG DES TODS IST BESSER
DAN DER TAG DER GEBVRT
In der oberen Hälfte der Platte sind inmitten eines Kranzes zwei Vollwappen wiedergegeben, vermutlich der rheinländischen Familien Freyaltenhofen (auch Freialdenhoven) und von Salms, aber dies müsste noch verifiziert werden.
Maria von Salms war mit dem Chur-Brandenburgischen Amtmann Arnold Freyaltenhofen verheiratet.
Dieser Ehe entstammte die Tochter Maria Gertrud Freialdenhofen, die Ehefrau des Bad Nauheimer Pfarrers Johann Adam Romeiser (geb. 22. April 1638 gest. Rosbach v.d.H. 9. Dezember 1697). Frau von Salms ist also die Schwiegermutter des Pfarrers Adam Romeiser.
Johann Adam Romeiser war von 1675 bis 1690 ev. reformierter Pfarrer in (Bad) Nauheim.
Die vier Grabsteine an der Außenwand der Wilhelmskirche in Bad Nauheim
Grabstein der Caroline Koch (1745-1778)
Grabstein des Johann Philipp Mörler (1712-1715)
Grabstein von Johann Henrich Jenner (1662-1724)
Grabstein einer unbekannten Person
Inschrift auf der Vorderseite
Allhier
Ruhen auf Hofnung einer Frölichen auferstehung
die gebeine
weyl.
Frau Frau Johanna Carolina Kochin
gebornen Jacobi
des
Fürst[l.] gegenschliesers allhier
Herrn
Johann Philipp Kochs gewesenen Ehegattin
der 11 Juni 1745 war zu Bobenhausen der 1. Lebenstag
der 23 Febr 1769 der Tag ihrer ehlichen verbindung
2 Söhne und 2 Töchter
sind der segen
des vergnügten Ehestandes
der 29 Juli 1778 war der Letzte Tag
Ihres Rühmlichen Lebens
das 33 Jahr 1 Monath 18 Tag gedauert hat
denn nach volbrachtem Lauf
nahm sie gott zum Himel au[f]
Kinder:
Johann Ludwig Hennrich, geb. Nauheim 30.01.1770
Catharina Elisabetha, geb. Nauheim 26.01.1772
Johann Conrad Wilhelm, geb. Nauheim 23.08.1773
Johanna Luisa Margretha, geb. Nauheim 05.10.1777
"Johann Philipp Koch, herrschaftlicher Gegenschließer auf der Saline in (Bad) Nauheim starb am 19.11.1791 in (Bad) Nauheim, morgens zwischen 9 und 10 Uhr, und wurdw am 21.11.1791 beerdigt, 64 Jahre alt." (Eintrag im Bad Nauheimer Kirchenbuch liegt vor).
Die Eltern von Johann Philipp Koch konnten bisher nicht ermittelt werden. Probleme bereiten die Namensgleichheit des Gegenschließers Johann Philipp Koch mit dem Burgpfarrer Johann Philipp Koch in Friedberg.
Inschrift auf der Rückseite
Leichentext Hiob 17.14
Die Verwesung heiße ich meinen Vater
und die Würmer meine Mutter und meine Schwester
Die Blüthe frischer Jugend
Ein reiner Leib und Sitz der Tugend
Des Mannes Lust und Augenweide.
Der findet Trost
der anverwanden Freude
genug gelebt genug erworben
wer so wie sie den Herrn gelebt
im Herrn gestorben
Der Grabstein ist in einem Abstand von nur wenigen Zentimetern von der Außenwand fest im Boden eingelassen. Eine fotographische Aufnahme des Textes auf der Rückseite war daher / bisher nur in Einzelaufnahmen möglich.
Vorderseite:
Darstellung: im Giebelfeld ein Knabe in langem Gewand.
Inschrift:
EIN IUNGER KNAB LIGT
ALHIER BEGRABEN, DER
WOLT SEIN GRAB BEIM
GROSVATTER HABEN,
WOLTE AUCH MIT IHM
AUFERSTEHN, UND
ZUR EWIGEN FREUT
EINGEHN.
Mein Lieber vatter Johan(n)
Nicolaus Mörler genandt,
Und Liebe Mutter Christina
bekandt [……………]
[………………………….]
[…………………………]
Die letzten 3 Zeilen sind sehr verwittert, wären vielleicht aber bei guter Ausleuchtung mit seitlich einfallendem Streiflicht noch lesbar.
Auskunft Frank Mörler:
Johann Philipp Mörler wurde am 21. Januar 1712 in (Bad) Nauheim geboren und starb am 27. November 1715.
Die Eltern waren Nicolaus Mörler und Anna Christina Eusser.
Grabstein von Johann Philipp Mörler
Rückseite:
Inschrift:
IOHANN PHILIP MORLER
BIN ICH GETAUFT CHRISTUS
HAT MICH DURCH SEIN BLUT
ERKAUFT D[EM] HAB ICH GELEB[T]
DEM BIN ICH GESTOR[BEN] DER
SELBE, HAT MIR DEN HI[MMEL]
ERWORBEN. MEI[N] ALT[ER ….]
ICH KAUM ZEHN[………]HR
MANGELTEN 2 [MO]NATH
AHN 8 IA[HR
Darstellung:
Engel, der einen herabfallenden Vorhang hält, auf dem die Inschrift wiedergegeben ist.
Inschrift:
[All]hier fohr [d]iesem stein Ruhet in gott
[der] weyl[.] Ehrsame und Acht bahre herr
[JO]HAN[N] HENRIECH JENNER
[H]ochgräffl. hanauischer gewes[e]ner
saltz mitter welcher im Jahr Christi
1662 auf diese welt g[e]zeuget worten
[und] sich im J[ah]r 1696 [d.] 18 APRIL mit der
[………………… Jung]fer ANNA CHRISTINA
[……………………………]
Die untere Hälfte der Inschrift ist abgeblättert.
saltz mitter = Salzmötter
Auskunft von Herrn Dieter Jehner, Bad Nauheim (Juni 2020):
Johann Heinrich Jenner wurde am 18. Juli 1662 geboren. Die Heirat mit Anna Christia Schäfer war am 18. April 1696.
Anna Christina Schäfer starb am 14. Januar 1773. Johann Heinrich Jenner starb am 28. Februar 1724 im Alter von 61 Jahren.
Da sämtliche 10 Kinder verstarben, gründete Johann Heinrich Jenner eine Stiftung für Witwen und Waisen
Der barocke Stein ist nahezu vollkommen abgeblättert. Im Giebel lässt sich mittig noch ein Vollwappen erkennen, das eine menschliche Gestalt als Helmzier zeigt. Rechts oben Reste eines Puttenkopfes mit Flügeln.
HIER
RUHEN IN GOTT DIE GEBEINE
DES WAU HOCHFÜRST. HESSEN HA
NAUISCHEN OBERAMTMANNS
…RATHES AUCH DIRECTORIS DER
HIESIGEN SALINE HERRN JOHANN
FRIEDRICH WAITZ FREIHERRN VON
ESCHEN. ER WARD GEBOREN DEN
20 OCT. 1708, VEREHELICHTE SICH DEN
11. AUG. 1744 MIT CAROLINA DO-
ROTHEA MAGDALENA, EINZIGER
TOCHTER DES VERSTORBENEN VORM.
PUSCH. STAATSMINISTERI FREIHERRN
WAITZ VON ESCHEN, ZEUGTE IN
DIESER EHE 13 KINDER DA-
VON 5 VOR IHM VERSTORBEN.
DIE NOCH 5 LEBENDEN SÖHNE IM
KÖNIG. PREUSS, IM HOCHFÜRSL. HESSEN
KASSEL UND HANAUISCHEN DIENSTEN.
DIE 3 TÖCHTER ABER WOHL VER-
HEIRATET SIND. STARB
DEN 13. JULI 1781 IM
73 JAHR SEINES
LEBENS
Anmerkung:
Bei dem auf dem Grabstein erwähnten JOHANN FRIEDRICH WAITZ VON ESCHEN handelt es sich um den bürgerlichen Amtmann und Salinendirektor Johann Friedrich Hilche. Durch die Heirat mit der Tochter des Freiherrn Siegmund Waitz von Eschen, durfte er auf Wunsch seines Schwiegervaters den Namen und die Standeswürde "Freiherr Waitz von Eschen" annehmen.
Der Salzgräf Siegmund Waitz von Eschen und spätere Minister unter Friedrich dem Großen starb am 7. November 1777 in Berlin und wurde in der Dorotheenkirche begraben.
Quelle: Alfred Martin, Bad NauheimerJahrbuch, 9. Jahrgang (1930), S. 57 ff.
HIER RUHEN
IN SEELIGER HOFFNUNG
TIT
HERR JOHANN GEORG KOCH
HOCHFÜRSTLICH HESSEN-HANAUISCHER
CAMMERRATH DAHIER
GEBOREN BUSWEILER DEN XVI NOVEMBER
MDCLXXV GESTORBEN NAUHEIM
DEN 1. OCTOBRIS MDCCXXLIX
UND TIT
FRAU JOHANNA CATHARINA FRANCISCA
KOCHIN GEBORENE HANDWERCHIN
GEBOREN HANAU DEN XXIV
JANUARII MDCLXXXVIII
GESTORBEN NAUHEIM
DEN XVII SEPT.
MDCCXLVIII
Inschrift:
„Im Jahre 1767/Sterblicher/hier unter diesem Steine hat seine Ruhestätte gefunden/der weiland/Hr. Georg Melchior Langsdorff/Wetzlar war seine Geburtsstadt/Friedberg gab ihm gute Auferziehung/Jena und Göttingen machten ihn reich an /Wissenschaften/ — Nachdem er dahier in Nauheim/ 7 Jahre als Archivarius/ und als Salzrenthmeister 16 Jahre/Gott und seinem Fürsten treu gedienet/und in allem 54 Jahre 1 Monat gelebt hatte/hieß ihn Gott am 19. April was er Sterbliches/an sich hatte, ablegen/die unsterbliche Seele aber/nahm er zu sich auf in die ewigen Hütten/ Seine hinterlassene Wittib/Tit. Frau Maria Margretha/gebohrene Kochin/nebst sechs leiblichen Kindern/liessen ihm (dieses Denkmal/aus schuldiger Dankbarkeit/aufrichten. Mensch, wer du bist, bedenke das Ende, so wirst du nimmermehr Uebels tun. Syr.)". Eingeklammerte Schlusszeilen zerstört, nach älterer Aufzeichnung hier angefügt.
Inschrift:
„Allhier ruhet in seinem Teil bis ans Ende der Tage unter seinen geliebten Pfarrkindern ein fromm und getreuer Knecht Gottes, der Hochehrwürdig und Hochgelahrte Herr Conrad Künßler. 13 Jahre lebte er mit der Hochedel und Tugendbegabten Frauen Catharinen Sara de Bàry in einer vergnügten Ehe, die der Herr mit einer einzigen Tochter gesegnet. 23 Jahr hat Er die hiesige Heerde Christi in Nauheim willig und von Hertzensgrund geweidet. Das 54. Jahr seines alters war das seelige Jahr seiner Erblassung, da Ihn Gott am 18. April 1735 eingehen hieß durch einen seligen todt zur ewigen Freude und dadurch lassen den entseelten Leib in den Todt eingehen".